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Check-up
Im Säuglings- und Kleinkinderalter gilt es als selbstverständlich, Vorsorgeuntersuchungen bei Kinder- oder Familienärztin oder -arzt durchführen zu lassen. Meist sorgen auch die unvermeidbaren Infektionskrankheiten wie Angina oder Mittelohrentzündugen für regelmässige Kontakte mit medizinischen Fachpersonen. Die in diesem Alter notwendigen Impfungen werden im Rahmen dieser Vorsorgeuntersuchungen beinahe automatisch durchgeführt. Die Aufnahme der entsprechenden Leistungen in den neuen Arzttarif TARMED ist dementsprechend unbestritten geblieben.
Eine letzte «jugendärztliche» Vorsorgeuntersuchung ist im erwähnten Tarifwerk mit 14-16 Jahren, allerdings als Nichtpflichtleistung der Krankenkassen, enthalten. Eine ähnliche Untersuchung ist auch bei Lehrbeginn vorgesehen. In vielen Berufen werden diese Kosten durch die Berufsbildungsämter übernommen. Viele Eltern und Erzieher haben schon erfahren, dass Jugendliche solch staatlich sanktionierte, fürsorglich gemeinte Vorsorgen gegenüber eine ablehnende Haltung zeigen, dass sie wohlgemeinte Argumente von Eltern und Lehrern nicht akzeptieren, sie scheinbar nicht an ihre Gesundheit in der weiteren Zukunft denken wollen und dass schliesslich der Arztbesuch nur mit Sanktionsdrohungen (z.B. Ausgangssperren) durchgesetzt werden kann. Lohnt sich dieser - manchmal auch psychisch belastende - Aufwand für eine «Routineuntersuchung» dennoch?
Die Antwort lautet hier ja und nein: Eine Untersuchung, die lediglich aus dem Erheben einiger Befunde wie Grösse, Gewicht, Form der Füsse und des Rückens und ähnlichem besteht und mit dem kommentarlosen Verabreichen einiger «Spritzen», d.h. Impfungen endet, entspricht den Bedürfnissen der Jugendlichen sicher nicht. Im Rahmen einer umfassenderen Besprechung möglicher gesundheitlicher Probleme ist aber einen eine gezielte Vorsorgeuntersuchung, die auch eine körperliche Untersuchung beinahltet, hilfreich. Die Beratung, welche Impfungen notwendig sind, ist von grösster Wichtigkeit, auch wenn laut Impfprogramm Starrkrampf, Diphterie und - wenn noch nicht erfolgt - Hepatitis B und zweite Masern-, Mumps und Rötelnimpfung eindeutig vorgegeben sind. In Einzelfällen kommen - je nach vorhandenen gesundheiltichen Störungen, Freizeitbeschäftigung und Berufswunsch - «Spezialimpfungen» wie z.B. gegen die zeckenübertragene Frühsommermeningoenzephalitis, gegen Lungenentzündungserreger (Pnmeumokokken) oder die Grippe in Frage. Später ist es viel schwieriger, möglichst viele Jugendliche zur Motivation für diese äusserst wirksamen medizinischen Vorsorgemassnahmen zu erreichen. Zu Recht wollen aber die Jugendlichen selbst entscheiden können, was mit ihrem Körper geschieht. Grundbedingung ist, dass sie zu ihrer Aerztin oder ihrem Arzt ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Manchmal, vor allem wenn in diesem Alter erstmals der bisher unbekannte «Erwachsenenarzt», ein Allgemeinpraktiker oder Internist, aufgesucht werden sollte, gelingt dies nicht in einer einzigen Konsultation. Das Vertrauen entsteht erst, wenn die Jugendlichen erfahren, dass ihre Anliegen ernst genommen werden, dass nicht nur eine Routineuntersuchung «abgespult» wird, sondern dass sie ihre Fragen zu Impfangelegenheiten beantwortet erhalten, bevor die «Spritze» kommt und dass sie notfalls Bedenkzeit erhalten. Mit Recht erwarten Sie, dass sie auch für weitere persönlichen Gesundheitsfragen von Pickeln über Sportmedizin bis Drogen und AIDS genügend Zeit eingeräumt erhalten. Bei besonderen gesundheitlichen Problemen (z.B. Allergikern, Asthmatikern oder Jugendlichen mit Problemen im Bewegungsapparat) verlangen auch Fragen der Berufsberatung grosse Aufmerksamkeit.
In diesem Rahmen bekommt der «checkup» im Jugendalter durchaus seinen Sinn. Auch die Schüleruntersuchung in dieser Altersgruppe versucht diese Betrachtungen zu berücksichtigen. Wenn die Kommunikation zwischen den Mädchen und Burschen und ihren ärztlichen Beraterinnen und Beratern klappt, können nicht nur gesundheitliche Störungen wie z.B. Rückenverkrümmungen rechtzeitig erfasst und die Impfdisziplin verbessert werden. Heikle Themen wie sexuelles Risikoverhalten, Rauchen, Alkohol- und Drogenkonsum, soziale und psychische Störungen können von der Aerztin oder vom Arzt erst dann angesprochen werden, wenn sich die Jugendlichen in der Sprechstunde wohl fühlen und wissen, dass sie ernst genommen werden. Dazu gehört auch, dass sie - falls sie es wünschen - Arzttermine ohne Begleitung durch die Eltern erhalten und dass sie sich auf das Berufsgeheimnis der Aerzte unbedingt verlassen können und nicht sogar jede Auffälligkeit den Eltern umgehend mitgeteilt wird. Umgekehrt lassen sich die oben erwähnten Gesundheitsstörungen meistens nicht im Sprechzimmer des Arztes im Zwiegespräch mit dem jugendlichen Klienten dauerhaft lösen. Manchmal wird die Hilfe von spezialisierten Fachleuten (z.B. in Alkohol- oder Drogenberatungsstellen) benötigt. Häufig ist auch im Verlauf der Betreuung der Einbezug von Eltern, Lehrer/-in oder Lehrmeister/-in sinnvoll. Dies soll aber den Jugendlichen nicht von vorneherein aufgezwungen werden, wenn sie dies (noch) nicht möchten.
Berücksichtigt man diese Ueberlegungen, ist die Betreuung jugendlicher Patienten mit der notwendigen Qualität - auch im Rahmen von Vorsorgeuntersuchungen - sehr zeitaufwändig. Diese Zeit muss dem Arzt im Interesse der zu beratenden Jugendlichen auch bei verschärftem Kostendruck eingeräumt werden. Mehrkosten, die jetzt entstehen, können später mehrfach eingespart werden, wenn es gelingt, mit einer den Jugendlichen entsprechenden Kommunikation gesundheitsgefährdendes Verhalten zu beeinflussen. Ich glaube, dieser Einsatz lohnt sich.
Dr. med. F. Rohrer Facharzt für Innere Medizin FMH, 4415 Lausen |
An der Jahres- und Jahrtausendwende kommt beim einen oder andern die Zeit der guten Vorsätze. Einige könnten durchaus mit der Gesundheit zu tun haben, z.B. Aufhören zu rauchen, mehr Bewegung oder weniger essen. Könnte ich aber als erstes nicht bei meinem Arzt einen «Check-up» machen lassen? Überlegt man sich die Sache etwas genauer, kommen rasch etliche Fragen auf: Bin ich nach einem Check-up gesund? Welche Untersuchungen (z.B. Labor oder EKG) gehören dazu? Wer bezahlt diese Untersuchung? Kurz: welcher Check-up soll überhaupt durchgeführt werden?
Gemäss der medizinischen Fachliteratur müssen die folgenden Kriterien erfüllt sein, damit eine Vorsorgeuntersuchung sinnvoll ist: Die Krankheit verläuft zunächst unauffällig (stumm), sie ist behandelbar und die frühzeitige Behandlung ist wirkungsvoller als die späte. Zudem muss der «Ertrag» der notwendigen Tests (Lebensqualität oder -jahre) die der Allgemeinheit auferlegten Abklärungskosten rechtfertigen. Diese Bedingungen erfüllen nur wenige Krankheiten, nämlich die Risikofaktoren für Herz-Kreislauferkrankungen (Bluthochdruck, Zuckerkrankheit, hohes Cholesterin, Übergewicht, Rauchen und familiäre Belastung), bestimmte Arten von Krebs im Frühstadium (Hautkrebse und familiäre Belastung mit Brust-, Gebärmutter- oder Darmkrebs) und Krankheiten, für die es einen Impfstoff gibt (Z.B. Wundstarrkrampf, echter Krupp, Grippe, Masern, Mumps, Röteln, bestimmte Lungen- und Hirnhautentzündungen oder Gelbsucht), Alkohol-, Drogen und Medikamentenmissbrauch, Knochenschwund (Osteoporose) und Schilddrüsenunterfunktion bei Frauen nach der Abänderung.
Damit ergeben sich Empfehlungen, welche Untersuchungen der Arzt durchführen sollte: Die «Check-up-Untersuchung» besteht zunächst aus einem ausführlichen Gespräch, das dem Auffinden der oben erwähnten Risikofaktoren dient und einer gezielten körperlichen Untersuchung. Je nach Befund werden weitere Untersuchungen (z.B. Cholesterin, Blutzucker, Leberwerte, Stuhluntersuchungen, EKG, Lungenfunktionsprüfung oder Knochendichtemessung) angeordnet. Abschliessend erfolgt eine ärztliche Beratung über die Massnahmen, die zur Erhaltung der Gesundheit notwendig sind. Wer bezahlt nun die Untersuchung? Nur bestimmte Vorsorgeuntersuchungen sind Pflichtleistungen der Krankenkassen. Erkundigen sie sich deshalb vor der Untersuchung beim Arzt oder ihrer Versicherung!
Dr. med. F. Rohrer Innere Medizin FMH, 4410 Lausen |
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